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Samstag, 23. Juli 2011

Vulkanologenkinder

Heute habe ich joggend meinen Lieblingsort in Reykjavik gefunden. Es ist der Strand bei einem Leuchtturm westlich der Innenstadt. Der Weg dorthin führt lange Zeit zwischen Meer und Straße. Letztere endet in einem Parkplatz, von dort aus führt ein schmaler Landstreifen auf eine kleine Insel, auf der zwei Hütten und ein Leuchturm stehen.


Links des Landstreifens ist der Strand tatsächlich weiß. Aber nicht vom Sand, sondern von kleingeriebenen Muschelstücken, zerbrochenen Schneckenhäusern, Austern, Venusmuscheln und Krabbenscheren. Rechts bedecken grün-braune Algen knöcheltief das Ufer. Auf der Insel selbst wächst kniehoch der Strandhafer.

Wie gut, dass ich heute dort hingefunden habe. So bleiben mir noch fast zwei Wochen, in denen ich immer wieder zu diesem Leuchtturm laufen kann. Das bedeutet aber auch, dass ich jetzt schon seit einer Woche in Island und Reykjavik bin - Zeit, mal ein kleines Resümee zu ziehen.

Nächtlicher Blick auf den Esja
Amazing! ist, wie viele nette Leute ich hier schon kennen gelernt habe. Noch etwas, worauf ich nicht vorbereitet war. Ich hab eher erwartet, die meiste Zeit irgendwo zu sitzen (und auch da habe ich nicht erwartet, dass es hauptsächlich in so netten Cafés sein würden), zu schreiben, mich ab und an mit irgendwelchen Interviewpartnern zu treffen, und schlimmstenfalls irgendwo vereinsamt Lost in Reykjavik zu sein.

Stattdessen treffe ich mich zwischen Terminen und nach getaner Arbeit mit Leuten aus dem Hostel, oder Leuten, die ich über Leute aus dem Hostel kennen gelernt habe, oder Leuten, die ich auf ganz andere Weise getroffen habe. Das waren bisher...

Kristin, die an meinem ersten Freitag ins gleiche Hostel-Zimmer gezogen ist. Sie kam aus Schweden und war spontan nach Island gereist - und entsprechend ähnlich planlos wie ich, was die Gestaltung der Tage anging. Weil Minus und Minus Plus ergibt, sind wir am Samstag spontan gemeinsam auf den Esja, und am Sonntag zum Thingvellir gewandert. Das war alles so ungeplant und unkompliziert, dass es richtig entspannt war. Mittlerweile sollte sie auf einer Fähre zu den Faröer-Inseln, oder dort angekommen sein.

Dirk aus Kalifornien, der ebenfalls in unserem Hostel-Zimmer gewohnt hat. Ich musste morgens grundsätzlich nachfragen, was er gesagt hat, weil ich einfach noch nicht fit genug war, um seinem amerikanischen Dialekt zu folgen...

Streetart im Hafen von Reykjavik
Markus habe ich an der Hostel-Rezeption getroffen und dank seines Freitags-Portmonees sofort als Deutschen identifiziert. Mittlerweile hatte ich seit einer halben Woche fast nur Englisch gesprochen und fand es sehr erleichternd, endlich wieder deutsch reden zu können. Bis dahin hatte ich kaum Deutsche getroffen. Gemeinsam haben wir verschiedene Fisch-Restaurants ausprobiert (was Fisch angeht, haben es die Isländer einfach drauf...) und uns mehrmals die Laugarvegur erwandert. Das war eine großartige Zeit, wir hatten viel zu lachen. Seine Tourentipps fürs Hinterland werde ich in den kommenden Tagen auf jeden Fall noch umsetzen.

Matthieu (aus Frankreich) und Theo (aus Schweden) saßen eines Tages mit Markus an einem Tisch auf der Hostel-Terrasse. Über sie lernte ich Annika kennen, die aus Deutschland kommt und als Isländisch-Übersetzerin arbeitet. Sie kennt sich in Reykjavik ziemlich gut aus und hat mich vergangene Woche ins Kino mitgenommen, zu "Perlur og Svín". Momentan wandert sie durch den Westen des Landes.

Ida wohnt im gleichen Zimmer wie Annika und kommt eigentlich aus Dänemark. Sie spricht sehr gut deutsch und ist so spontan, dass sie unseren ursprünglich geplanten Wochenend-Trip zehn Minuten später abgesagt hat, weil in Reykjavik ein Straßenfest ist. Leider fliegt sie am Montag heim.

Urban Knitters auf der Laugarvegur, der Hauptstraße
Adrian traf ich gestern erst, um mir ein Fahrrad auszuleihen. Davon kann man immerhin sagen, dass es zwei Räder hat. Den Rest muss ich Montags unbedingt zur Reparatur bringen. Ich glaube, es kann fahren... wir werden sehen. Adrian arbeitet bei einem Whale-Watching-Unternehmen und lud mich noch am gleichen Abend zu Freunden ein.

Dort traf ich Anja, die gleich um die Ecke von meiner jetzigen Wohnung wohnt, und ihre Freunde Selma, Göla und Björn. Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, dass die Väter von Göla und Björn ausgerechnet! Vulkanologen sind!! Und beide sind auch noch in Reykjavik! Als ich erzählt hatte, was mich nach Island treibt, boten mir beide die Telefonnummern ihrer Väter an, sodass ich sie in der nächsten Woche kontaktieren kann. Das ist natürlich großartig! Davon abgesehen, dass die Gesellschaft überhaupt total nett war - obwohl ich eigentlich ja ganz fremd war.

Noch mehr Streetart in Reykjavik
Einen Vulkanologen habe ich auch schon interviewt, Armann Höskuldsson. Ich führte mit ihm ein kleines Interview über die Katla. Nach seiner Meinung ist sie der Vulkan, der als nächstes ausbrechen wird. So viel seismische Aktivität, wie dort in den letzten Wochen registriert wurde, ist noch nie aufgezeichnet worden. Allerdings, wann das passieren könnte - das steht natürlich in den Sternen. Bis dahin ist seine Aufgabe hauptsächlich eines: Warten.

Mal sehen, was die kommenden Interviews bringen werden - und vor allem, wen ich alles noch interviewen werde. Ganz oben steht natürlich noch immer Villi Knudsen, den ich am Montag mal wieder anrufen werde. Bis dahin beschäftigt mich das Manuskript zum Gletscherlauf-Beitrag. Die letzten Tage habe ich mich vor allem mit den dazugehörigen O-Tönen herumgeschlagen und sie mir so zurechtgeschnitten, dass ich sie anhören kann, ohne ständig einzuschlafen.

Höher gelegt
Morgen werde ich vielleicht noch einmal raus aufs Land fahren. Das Wetter ist nach wie vor sommerlich, herrlich! Ich muss unbedingt das Fahrrad zum Fahren kriegen, dann bin ich wesentlich mobiler. Und dann werde ich auch einmal mit Kamera zum Leuchtturm kommen können, um Fotos von dort machen zu können.

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